Taubenkrieg ist beendet  

      Städte im Land suchen Konsens mit Tierschützern – Bei Fütterung drohen Bußgelder Als erste Stadt in Deutschland hat Tübingen mit Robert Köhlein einen hauptamtlichen Taubenwart eingestellt. In Baden-Württemberg ist der «Taubenkrieg» beendet. Da im Kampf gegen die Taubenplage der Einsatz von Gift und Taubenpille erfolglos blieb, setzen die Kommunen auf «kontrollierte Taubenhäuser» und Konsens mit Tierschützern. Ein Taubenfütterungsverbot halten die meisten Städte aber für unverzichtbar. Foto: Weißbrod/dpa

      KARLSRUHE/STUTTGART. In Baden-Württemberg ist der so genannte Taubenkrieg endgültig vorbei. Im Kampf gegen die Taubenplage setzen die Kommunen zunehmend auf Konsens mit Tierschützern und Taubenfreunden.

      Die meisten Städte suchen nach neuen Wegen, nachdem der Einsatz von Gift und der „Taubenpille“ nicht den gewünschten Erfolg brachte. Hoffnungsträger ist das „kontrollierte Taubenhaus“. Gleichwohl halten nahezu alle Kommunen die Beibehaltung des Fütterungsverbotes für unverzichtbar. Ein großes Probleme ist nach einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) die Durchsetzung des Verbots. Viele Bürger streuten in der Nacht oder am frühen Morgen ihr Futter, hieß es.

      Das Thema Fütterungsverbot beschäftigte am gestrigen Donnerstag auch den Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg. Dabei scheint sich im Rechtsstreit um eine entsprechende Verfügung der Stadt Mannheim ein Erfolg der Kommune abzuzeichnen. In der mündlichen Verhandlung über die Klage einer 70 Jahre alten Mannheimerin hatte Gerichtspräsident Karl-Heinz Weingärtner erklärt: „Es gibt, das will ich nicht verschweigen, ganz starke Argumente für ein Taubenfütterungsverbot“. Demgegenüber hält die frühere Buchhändlerin absolute Fütterungsverbote seit der Aufnahme des Tierschutzes ins Grundgesetz für verfassungswidrig.

      Das Urteil wird für Dienstag erwartet. Wie aus der Umfrage weiter hervorgeht, hat man in Konstanz mit öffentlichen Taubenschlägen seit mehreren Jahren beste Erfahrungen gemacht. Das an einem der früheren Brennpunkte errichtete Taubenhaus wird laut Stadtverwaltung von Mitgliedern des Tierschutzvereins betreut. Durch den Austausch der frisch gelegten Eier gegen Gipseier „wird die Population in Grenzen gehalten“, sagte der Sprecher der Stadt.

      Bei gutem Nahrungsangebot hat ein Taubenpaar drei bis fünf Gelege pro Jahr mit durchschnittlich zwei Eiern. Zumindest am Bodensee hätten die Appelle an die Bevölkerung, das Füttern der Tauben zu unterlassen, weitgehend gefruchtet, hieß es.

In Karlsruhe stehen bereits drei Taubenhäuser. Mit Hilfe eines neu eingerichteten „runden Tisches“ werde versucht, mit Tierschützern und speziellen Taubenliebhabern neue Strategien zu entwickeln, erklärte der Leiter der Polizeibehörde, Dieter Behnle. Langfristiges Ziel sei es, die Taubenhäuser etwas mehr an den Stadtrand zu bringen. Allerdings seien in der City die „Abfälle“ vor Bäckereien und Imbissbuden für die meisten der dort lebenden 5000 Tauben ein äußerst verlockendes Ziel, räumt Behnle ein.

      In Pforzheim hat die Verbannung der Taubenhäuser aus dem Innenstadt nahen Bereich bereits dazu geführt, dass es an der Taubenfront ruhig geworden ist. Wie in der Schmuckstadt, In Aalen (Ostalbkreis), wo es bereits vier städtische Taubenschläge gibt, scheint es dagegen bei einigen Bürgern mit der Einsicht nicht weit her zu sein. „Wir wissen von Menschen, die nachts mit dem Auto in die Innenstadt fahren und aus falsch verstandener Tierliebe säckeweise Futter ausleeren“, sagt Stadtsprecher Bernd Schwarzendorfer.drohen auch in Ulm bei Verstößen gegen das Fütterungsverbot Bußgelder zwischen fünf und maximal 1000 Euro. „Die Taubenfütterung ist bei uns immer ein Thema, aber kein wirkliches“, sagte die Sprecherin der Stadt, Marlies Gildehaus. Städtische Taubenhäuser sind hier bislang noch Fehlanzeige.

      Zur Taubenproblematik soll in Stuttgart noch in diesem Jahr eine Vorlage im Gemeinderat eingebracht werden. Hierzu erwartet Katja Christ vom Bürgermeisteramt eine kontroverse Debatte. Angesichts der Größe der Stadt wurde in der Landeshauptstadt aus Kostengründen bislang auf städtische Taubenschläge verzichtet.In Heidelberg laut die Devise „zurück zur Natur“. „Wir haben vor einigen Jahren in der Innenstadt wieder Greifvögel angesiedelt.

      Wanderfalken schlagen nicht gerade wenige Tauben“, sagte der Leiter des Amtes für Öffentliche Ordnung, René Pöltl.Gegen eine unkontrollierte Taubenfütterung sind auch Experten des Denkmalschutzes. Der Taubenkot habe zerstörerische Auswirkungen auf viele denkmalgeschützte Gebäude im Land, sagte der Esslinger Restaurator Otto Wölbert. „Es gibt Kirchtürme, in denen 30 Zentimeter dick der Taubenkot klebt und die Bausubstanz zerfrisst“, sagte er in einem dpa-Gespräch. Der ätzende Vogelkot löse in hoher Konzentration auch den Schutzanstrich auf Stahlkonstruktionen. Die Folge seien mögliche Korrosionsschäden. Eine Taube sondert nach Expertenangaben pro Jahr rund 15 Kilogramm Kot ab.

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Bezirk fordert: Bahn muß etwas gegen Taubenplage tun

      Charlottenburg-Wilmersdorf: Bei Brückensanierung wurden Gitter und Netze entfernt Von Brigitte Schmiemann Das Bezirksamt ist auf die Bahn nicht gut zu sprechen. Nicht nur wegen des Bahnhofs Zoo, wo ab nächstem Jahr keine Fernzüge mehr halten sollen. Auch die mit Taubenkot verschmutzten Gehwege unter den S- und Fernbahn-Brücken im Umfeld des Kurfürstendamms sind ein Ärgernis. Netze und Gitter, mit denen Tauben daran gehindert werden, Brückenteile als Ruhezonen zu nutzen, waren wegen Sanierungsarbeiten in den vergangenen Jahren an einigen Brücken demontiert worden, ein Ersatz ist aber bislang nicht geschaffen worden.

      Anwohner und Geschäftsleute beschweren sich seit langem. Auch bei Touristen hinterlassen die Brücken-Bereiche einen ungepflegten Eindruck von der Weltstadt Berlin. Die Gehwege unter den Brücken sind vollgekleckst mit Taubendreck, auch Abfallbehälter, Wände und Straßenschilder sind mit Taubenkot und Federn überzogen.

      "Wenn meine Kunden aus Richtung Kurfürstendamm kommen, müssen sie zwangsläufig unter der Brücke durch. Der Schmadder, durch den sie dann laufen müssen, ist zeitweise so hoch, daß man ausrutscht", ekelt sich Friseur Stefan Stirner. Sein Geschäft "Daumann & Stirner" befindet sich an der Bleibtreustraße 7, direkt neben der Brücke. Er kennt das Problem bereits seit acht Jahren.

Auch vor der Sanierung habe es dort leider keinen Schutz gegen Tauben gegeben. Sogar mit einer ätzenden Bescherung von oben müßten Fußgänger in diesen Abschnitten häufiger als anderswo rechnen, denn die Tauben fühlten sich dort ausgesprochen wohl.

      Das bestätigt Rosemarie Stadler, die mit ihrem Mann das Kino "Filmkunst 66" an der Bleibtreustraße 12 betreibt: "Wenn ich den Knopf an dem Aufzug zur S-Bahn unter der Brücke drücken muß, ekelt es mich gewaltig. Wir wissen ja alle, wie gesundheitsgefährdend Taubenkot sein kann. Wenn man bedenkt, wie schön unsere Straße ist, ist dieser Dreck um so ärgerlicher." Um das Gröbste zu beseitigen, habe die Stadtreinigung die Bürgersteige unter den Brücken auch schon mit Hochdruckreinigern gesäubert.

      Der Appell des Bezirksamtes, daß die Bahn die Brückenunterführungen auf der Stadtbahnstrecke zwischen den Bahnhöfen Zoo und Charlottenburg taubensicher machen sollte, hat einen mehr als dreijährigen Vorlauf. In zig Schreiben, Besichtigungen, Gesprächsrunden und Telefonaten ging es dabei um Zuständigkeiten, mögliche Gesundheitsgefährdungen und vor allem darum, wer für die Kosten aufzukommen hat. "Es ist seit langem klar, daß bei den Unterführungen der Eigentümer der Brücken zuständig ist. Trotzdem passiert nichts", kritisiert Umwelt- und Verkehrsstadträtin Martina Schmiedhofer (Grüne). Die Kosten, um die 13 Brücken taubensicher zu machen, würden auf weit unter 100 000 Euro geschätzt.

      Erst vor wenigen Wochen beschwerte sich Schmiedhofer bei Bahnchef Hartmut Mehdorn und forderte ihn auf, "dem Bezirksamt im Bemühen um ein ansprechendes Stadtbild behilflich zu sein" und endlich wirksame Taubenvergrämungsanlagen installieren zu lassen: "Die Dreckecken schaden dem Ansehen des Bahnumfeldes, was uns ein hohes Gut ist. Durch Taubendreck können Krankheiten übertragen werden." Der Bezirk habe für die Hauptstadt-Repräsentation eine besondere Relevanz, die außerdem zur Fußball-Weltmeisterschaft im nächsten Jahr noch steigen werde. Der jetzige Zustand nach der Sanierung der Brücken gewähre den Tauben noch größere Liegeflächen als zuvor und sei damit eine noch größere Belästigung der Fußgänger und Bahnfahrgäste.

      Auch der Vorsitzende des Fahrgastverbandes "Igeb" appelliert, die Bahn solle ein eigenes Interesse daran haben, daß Bahnkunden Brücken nicht automatisch mit einem dreckigen Umfeld gleichsetzen: "Die Beeinträchtigung für Passanten sollte so gering wie möglich gehalten werden."

      Bahnsprecher Burkhard Ahlert teilte auf Anfrage dieser Zeitung zwar mit, daß die Brücken zwischen Kantstraße und Windscheidstraße im Zuge der Grunderneuerung der Stadtbahn Taubenvergrämungsanlagen erhalten sollen. Die Brücke über der Hardenbergstraße am Zoo gehöre jedoch nicht zu diesem Abschnitt. Das hatte Mehdorn auch dem Bezirk mitgeteilt.

      Die Gitter und Netze dort hätten Schäden, aber auch Schlupflöcher, damit die Tauben wieder hinauskommen, erläuterte Ahlert. Tierschützer würden sonst die Feuerwehr rufen, um die Tiere zu bergen. Er sicherte aber zu, daß die Vergrämung am Zoo geprüft und eventuell instand gesetzt werde.


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